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14
Juni
Sockenschuss
Im Auto hörte ich gerade Deutschlandfunk; sie befragten dort einen Gehirnforscher. Der erklärte mir, wie es zu den Furchen im Gehirn kommt. Man müsse sich das vorstellen, sagte er, wie beim Stopfen eines alten Sockens: Wo viele neue Fäden durch mentalen Gebrauch eingezogen werden, bilden sich Wülste, dort wo das Gewebe dünn wird, Furchen.

Soll das etwa heißen, dass ich einen alten Socken im Kopf herumtrage? Wird demnächst meine Zerebralflüssigkeit mit Fußschweiß verglichen? Ist nicht die Würde des Menschen unantastbar?

 
 
In 100 Worten um die Welt:

Mit Interesse blättere ich gerade in einigen Präsentationsunterlagen der Firma  REINSCLASSEN i. Gr., hinter der Armin Reins, der Vorstand der Texterschmiede Hamburg, firmiert, der mit diesem neuen Outlet sein Konzept von Corporate Language auf dem Markt positionieren
möchte. "Durch Sprache" will er künftig "eine Marke bilden und stärken", so lautet das Versprechen auf der ersten von 14 Präsentationsfolien. Zu diesem Zweck skizziert Reins den Weg zu einer "Corporate Language in 12 Schritten". Am Ende dann erhält der Kunde eine "ca. 100 Worte fassende Sprachbank" (doch so viel?), mit deren Hilfe alle Mitarbeiter künftig ebenso flexible wie festgeschriebene "Sprachkorridore" durchwandern dürfen, um - so geführt - ihre brand-mäßig höchst durchgestylten "Anzeigen, Funkspots, TV-Spots, Internet-Auftritte, Kurzmitteilungen, Angebote, Briefings, Rundbriefe, Infos, Schwarze-Brett-Texte, Booklets, Flyer, Prospekte, Kataloge, Mailings, Messe-Einladungen, Vorträge, Pressemitteilungen, Jubiläums-Broschüren, Rezensionen, Testberichte, Kundenzeitschriften, Packungstexte, Callcenter-Argumentationsketten, Sales Folder, Fachhandelsanzeigen, Gebrauchsanweisungen, Garantiekarten, LKW-Beschriftungen, Geschäftsberichte, Firmenporträts, Personalanzeigen, Zeugnisse, Absagen, Einladungen, Rechnungen, Mahnungen, Schulungsunterlagen, POS-Materialien, Werbegeschenke, Visitenkarten" zu
verfassen. Also - wenn dat man nicht schon mehr als 100 Wörter sind!

Sind nicht 1.000 "sinntragende Einheiten" allein schon erforderlich, so meine ich mich zu erinnern, um den Sprachschatz einer chica-mäßig aufgebrezelten Friseuse einigermaßen korrekt nachzubilden? Jedenfalls bin ich auf das Ergebnis dieser sprachlichen Magerkur und auf amputiert daherstammelnde Unternehmen nach einer "generellen Tonality-Definition" schon tüchtichlich gespannt. Bisher habe ich immer gedacht, die kommunikative Potenz der Sprache beruhe darauf, dass es innerhalb einer Sprachgemeinschaft nur eine Sprache nebst einigen Soziolekten gibt, so dass sich alle einigermaßen verstehen. Jetzt aber bekommt im Zuge der Markenpolitik - sorry: "branding strategy" natürlich! - jedes Unternehmen eine eigene Sprache, damit niemand mehr die Marke versteht. Aber, wat soll's - lang lebe der Markterfolg!

Gut ist übrigens auch der folgende Link
     

 
 
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