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27
Juli
"Manche Schweine sind eben gleicher ..."
Die Hamburger Bürgerschaft kann dank trogfüllender Selbstbedienung frohgemut der GEZ-Ausweitung auf PCs zustimmen: "Die um 17 Euro erhöhte Büropauschale soll die GEZ-Gebühr ausgleichen, die die Abgeordneten künftig für Computer mit Internet-Zugang zahlen müssen."


Blick in den Koben

Via Law Blog: http://www.lawblog.de/index.php/archives/2006/07/27/nackte-aggression/

 
 
Born in Bremerhaven, USA
Die Stadt und die Region ringsum steckten damals voller GI’s, die ihre unausgeheilten Vietnam-Erfahrungen mit Drogen aller Art dauerhaft balsamierten. Es ist kein Witz: In den frühen Jahren der Hippiebewegung lag das bundesdeutsche Drogen-Mekka in „Fishtown“ an der Unterweser.


Bremerhaven: In the Land of the Free

Der zugedröhnteste Schuppen von allen trug seit Hein Mücks Tagen einen maritimen Namen: Vor der „Haifisch-Bar“ gab es eine kleine Grünfläche mit Trauerweide und Bänken, direkt am Kochlöffel-Gymnasium, wo nackte Oberschenkel minimalistisch bekleideter Kleinbürgerstöchter unanständige Assoziationen bei bekifften Schulschwänzlern weckten. Drinnen gab es Tischfußball und Flipper, roten Libanesen beim kleinen Klaus und schwarzen Afghanen beim großen Klaus, auch teuren Schimmel und gute „Psychedelics“. Die Musik - Zappa, Beefheart, Incredible String Band, Jefferson Airplane und all so'n Tüch - war zum Kopfausschwenken da, motorisch trat man sachte auf der Stelle.

Schwoof gab’s auch – der fand am Wochenende in den Kellern privater Einfamilienhäuser statt: „Sympathy is all you need my friend …“. Rare Bird, Matratzenlager, Fummeln unterm Nicki, Ingrid – ach! Heißere Tänze gab’s eigentlich nur am Wochenende, wenn saufende Rock’n’Roller in die "verlängerte Bürger" einfielen, um Hippies aufzumischen. Waren genügend kampferfahrene GIs vor Ort, dann stand der große Bericht über die Massenschlägerei am nächsten Tag in der „NORDSEE-ZEITUNG“, während deren Kommentatoren um „Recht und Ordnung“ barmten.

Schlimm waren Tage, an denen ein Bremerhavener die Hand nicht mehr vor Augen sah: Kam dieser unmerkliche Wind aus Südwest, mit dichtem Nebel verbunden, dann mischte sich die hypnotische Wirkung des schwarzen Schimmels mit klagenden Möwenschreien, hintergründig blökenden Nebelhörnern und einem infernalischen Fischgestank, der von Wulsdorf her die ganze Stadt in Geiselhaft nahm. Fuhr einer in Richtung Fischereihafen mit dem „Gammel-Express“, mit der Linie 4 also, dann miauten ihn noch draußen auf dem Dorf tagelang grätengierig die Katzen an. Erfahrene Fahrschüler mieden natürlich diese Strecke, an deren Rand Firmen mit so seltsamen Namen wie Schlotterhose & Co. lagen.


Zu schmal, um breit hindurchzupassen: Die alte Geestebrücke

Auch andere Windrichtungen hatten es in sich: Wo Kaffeeproduzenten - Ronning, Schlobohm - „rrrrössstfrisch“ ihr Aroma verbreiteten, roch es säuerlich nach ungelüfteter Wohnküche, selbst die Karlsburg-Brauerei, beliebtes Ziel an Ausflugstagen in der Oberstufe, ließ an Maische-Tagen gern einen blauen Stunk flattern durch die Lüfte. Sturm gemahnte in Bremerhaven nicht ans offene Meer, sondern an nassen Schlick. Olfaktorisch war die Stadt an der Geestemündung das Ende jeder Sinnlichkeit, damals, als noch „die Fischmäihlfabrikn Rekloamä moachtn“ und alle Welt nicht zu, sondern „na-ach Ramelow“ ging, um sich die neue Jacke gegen den ewigen Regen zu kaufen.

Jene kleinen Traktoren, die mit zehn und mehr Wägelchen rotfiletierter Kabeljau-Skelette im Fischereihafen übers Kopfsteinpflaster rumpelten, während darüber eine Wolke aus Tausenden schrill kreischender Silbermöwen stiebte, die rollen längst nicht mehr. Heute sitzen im „Schaufenster Fischereihafen“ gesittet jene „Happy few“, die hier noch eine Perspektive sehen, die duftenden Fischmehlfabriken aber sind Geschichte. Aus dem Vorhof der Hölle ist das letzte Refugium einer ungewissen Zukunft für Bremerhaven geworden. Was aber Beine hat, rennt. Bremerhaven soll im Jahr 2020 weniger als 100.000 Einwohner haben, in meiner Schulzeit waren es knapp 200.000 - mit GIs, versteht sich. Die sind aber übers Meer verschwunden - mit ihnen die Musik, das Dope und die guten Filme, die man in unserer Staging Area mit ihrer angegliederten RADIO CITY sah, lange bevor sie in deutsche Kinos kamen.


Keine Chance, antiamerikanisch zu werden

 
 
The Free City of Bremen proudly presents ...
... Regengüsse wie aus Eimern!


Endlich nasse Füße

 
 
Auswüchse der Wettbewerbsgesellschaft
Schlimm ist das - da wollten in den Vogesen drei junge Franzosen den längsten Joint der Welt drehen, nur um ins Guinness-Buch der Rekorde zu kommen.

Ja, von wegen! Die denken wohl, wir durchschauen das nicht: Die wollten mit ihrem laufenden Jointmeter und den 70 g Cannabisharz darin in ganz andere Regionen kommen, und nicht nur in die guinness-betriebene Leistungsschau der Andersbegabten! Da bin ich mir ganz sicher ...


Holy Reefer!

 
 
26
Juli
Diskurs der Besserwisser
Bei Robert Misik heute in der taz kriegen alle ihr Fett weg - ob Friedensfreunde und Neocons, Antiimperialisten und Antideutsche. Er nutzt die Diskussion über den Libanonkrieg zu einem Rundumschlag gegen unsere versaute Diskurskultur.

Weil der Text über den Hautgout der Vorurteile aller Seiten so bitter nötig ist, deswegen verlink ich ihn hier. Ad usum delphini ...

 
 
Götterdämmerung?
Die Prominenz kommt einfach nicht mehr nach Bayreuth. Was ist mit der deutschen Nibelungentreue? Erlebt das Wagalaweia samt Jotoho sein verdientes Armageddon?


Schön deutsch: das größte Wagnerdenkmal in der Welt

 
 
Sprachmusik
Unsere Kindheit war angefüllt mit zahllosen Rhythmisierungen, Reimspielen und Wiederholungen: «Hoppe, Hoppe, Reiter, wenn er fällt, dann schreit er …», «Hänschen klein, ging allein ...». Über Doppelungen, Reime und Alliterationen (gleichlautende Silbenanfänge) erlernten wir im Brabbelalter jene Silben und Vokale, die irgendwann auch die Dinge benennen: »Wauwau«, »Mama«, »Pipi«, »AA«, »Ei, ei«, »guckguck«.

Alle Lütten murmeln solche Silben selbstvergessen vor sich hin, auch dann, wenn weit und breit kein Zuhörer zu finden ist. Das Repetieren gleicher An- und Endlaute wie auch wiederkehrender rhythmischer Strukturen ist mit einem tiefen Gefühl des Wohlbehagens verbunden: Menschen lernen sprechen, weil ihnen der Vorgang des Sprechens angenehm ist. Das wiederum ist der Fall, sobald bestimmte "musikalische Formen" vorliegen. Da aber alles Lesen immer "ein inneres Sich-Vorsprechen" ist, gelten diese Lautgesetze auch dann, wenn Texte nicht laut gesprochen werden.

Später, als wir selbst lesen konnten, kam die Märchenzeit, die sich auch mit zahllosen musikalischen Formeln in unser Gehirn einbrannte: «Oh Fallada, der du hangest, oh Fallada, der du bangest ...», «Timpe Timpe Timpe Tee, Fischlein, Fischlein, in der See ...», «Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden ...».


Das Märchen von der Unwichtigkeit der Märchen

Was dieser Ausflug in die Sprachentwicklung mit uns Erwachsenen zu tun hat, die wir doch solch Wortgeklingel gar nicht mehr nötig haben? - Gegenfrage: Warum tragen im Fernsehen zahllose Sendungen, die auf "Quote" schielen, "alliterate" Titel, die mit dem gleichen Anlaut beginnen? »Bios Bahnhof«, »Titel Thesen Temperamente«, »Der Siebte Sinn«, »Tagesthemen«, »Kennen Sie Kino«, »Sterns Stunde« usw.? Warum reden wir selbst unwillkürlich in Doppelungen am Beginn oder am Ende unserer Worte: »ohne Rast und Ruh«, »mit Sack und Pack«, »Herr und Hund«, »Schimpf und Schande«, »Eile mit Weile«, »mehr Schein als Sein«, »dumm und dämlich«?

Auch unter Erwachsenen sind es musikalische Resonanzen, die uns sprachliche Formeln als angenehm und zugleich als einprägsam erleben lassen. Anders gewendet: Sobald wir – neben allem Inhalt und aller argumentativen Sinngebung unseres Textes – ihn musikalisch und klanglich malerisch gestalten, dürfen wir hoffen, für unser Interesse mehr Aufmerksamkeit, mehr Wohlwollen und mehr Erinnerung an das Gesagte zu finden.

Uninteressant? Finde ich nicht ...


Der Menschenfänger von Hameln

 
 
25
Juli
Männersachen Folge 1
Männer ernähren sich anders als Frauen. Um diese "formvollendenden" Rezepte ein wenig zu popularisieren, will ich andere an meinem profunden Wissen gern teilhaben lassen. Passend zur Wetterlage hier die Folge 1:

Grillen im Garten
Bier
Prosecco
Saft (nur für die Kinder)
Holzkohle
Grillgut
Grillanzünder
Saucen, Brot, Senf, Salat
andere Sättigungsbeilagen



An geeigneten Tagen stellt das Alphamännchen - in der Folge Gastgeber genannt - ein bis zwei handelsübliche Schwenkgrills so auf, dass der Rauch unter Beachtung der vorherrschenden Windrichtung direkt zum Nachbarn zieht. Notgedrungen kommt der auch zur Party. Manchmal allerdings kommen grüne Männchen. Deshalb ist Grillen nix für Sissies!

Die Becken werden gut fünf Zentimeter hoch mit Holzkohle gefüllt und kräftig mit einem preiswerten Grillanzünder bspw. von LANDMANN eingedieselt. Während die (lt. Produktinformation) „völlig unbedenkliche“ Zündsuppe fünf Minuten einzieht, ist es Zeit, die erste Flasche Bier aus den bereitgestellten Kästen zu entsorgen. So ermutigt nähert sich der Mann vom Grill der Holzkohle mit einem langen, brennenden Zündholz, während die umstehenden Gäste ihn gebührend bewundern.

Aus der aufsteigenden Rauchwolke flieht das beeindruckte Publikum mit seinen geretteten Alkoholika in der Hand. Das Bier dient dabei keineswegs nur dem Eigenbedarf, sondern auch dazu, offene Flammen fachgerecht zu löschen. Nach ca. einem Sixpack nimmt die Holzkohle die erwünschte reinweiße Färbung an. Zeit, den Grillrost herabzulassen und die Fleischstücke auf den Grill zu legen. Unweigerlich erregt jetzt der Geruchs-DJ mit seinen maskulinen Ausdünstungen die Aufmerksamkeit der Festgesellschaft, die sich mit weiten Nasenlöchern den Grills und den Tischen mit dem Geschirr, den Saucen, dem Brot und den Salaten nähert.

Nach der erstmaligen Fütterung der 5.000 ist die Faszination dahin. Zeit für den Gastgeber, monoton werdende Fleischwendeaufgaben einem der anwesenden Kinder anzuschnacken und sich sanft verduftend unter die Gäste und Nachbarn zu mischen.

 
 
Zweierlei Maß
Am Freitag in Verden langte die Polizei richtig hin - 40 von 50 Neonazis wurden vorläufig festgenommen, weil sie Israel die "Weltzentrale des Völkermords" nannten.

Am Samstag demonstrierten nur 30 km weiter nördlich in Bremen einige Hundert Hisbollah-Anhänger auf einer Friedensdemonstration. Sie verbanden auf ihren Plakaten Hakenkreuz und Judenstern mit einem Gleichheitszeichen. Anders als auf den Plakaten, wo es "Tod Israel" hieß, forderten sie in ihren Reden "Tod den Juden". Kippa-Träger am Rande der Demonstration wurden bespuckt und verfolgt. Die Polizei aber meldet "keine besonderen Vorkommnisse".

Damit eins klar ist: Ich habe keinerlei Sympathien für die braunen Schrumpf-Arier von der NPD. Und wenn Udo Voigt eingebuchtet wird, dann stimme ich ein Te Deum an.

Ebenso wenig Sympathien aber habe ich für die Klerikal-Faschisten von der Hisbollah und für deren offen zur Schau getragenen Antisemitismus. Die sind nicht besser, nur weil es Ausländer sind, die bisher noch kein Auschwitz anrichten durften.

Die oberste Gerechtigkeitsregel in unserem Justizsystem heißt "Similis simile": Wesentlich Gleiches muss auch gleich behandelt werden. Deswegen, liebste Schutzpolizei, buchtet bitte in Zukunft beide ein, die Mullahs mit Bart ebenso wie die Mullahs mit der Vollglatze. Ihr dürft sie auch gern zusammen in eine große Zelle sperren, wo sie sich dann über die Frage "Ausländer raus oder rein" so gesittet unterhalten dürfen, wie es ihrer Zivilität entspricht.


Bremer Sheriffs zum Jagen tragen?

 
 
Textwesen
Gestern saß ich mit einem Freund und Berufskollegen noch spät - sehr spät! - im Garten beisammen. Wie alle Klatschbasen kamen wir irgendwann auch auf jenen komischen Beruf zu sprechen, den wir ausüben. Ich holte zur Illustration ein Büchlein herunter, dass ich mit der Bremer Zeichnerin Anne Rieken vor Jahren gebastelt habe. Es heißt:


Über artgerechte Tierhaltung

Während wir zwei weitere Tschechen-Biere köpften, herrschte unter uns beiden Einverständnis darüber, dass Texter immer ein wenig aus jener Tanja-Anja-Szene herausfallen, für die sie ja meist arbeiten. Auf Feten wüsste manch unbedenklicher Dampfschwätzer jener Agenturen gar nicht, welch randständig-rezeptive Wesen dort mit großen Ohren lauern, denen sich jedes Wort geradezu schmerzhaft einprägt.


Verdammter Zuhörzwang!

Eines der weit verbreiteten Missverständnisse bestünde darin - auch da stimmten wir unter großem Hallo und Flaschengeklingel überein - dass viele Leute glauben, Schreiben sei ganz leicht: Diese Texter würden sich ihr Geld im Schlaf verdienen - und der Kunde könnte die Buchstabendressur hochverfreilich auch selbst erledigen, wenn er doch nur mehr Zeit für solch brotlosen Quatsch hätte. "Ich hatte damals in Deutsch auch 'ne Zwei", hat allen Ernstes mal so'n Geschäftsführer zu mir gesagt. "Da waren Sie besser als ich", lautete die Antwort. Was zwar nicht stimmt - aber naja. Im übrigen bleibt die Frage, weshalb es viele Grafiker gibt - und doch damit verglichen immer nur recht wenige Texter. Die diesen Namen auch verdienen ...


Goethe als Klonschaf

Der Rest des Abends liegt im Dunkeln - der Kollege soll aber heil nach Haus gekommen sein. Ich will meine Erinnerung daher nicht weiter malträtieren und führe zu einem gegebenen Zeitpunkt das Thema fort.

 
 
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