letzte Kommentare / Das mit der "Querfront"... kristof / Ich hatte nach dem... chat atkins / Huhu, Herr Chat.... kristof


20
September
Kontrastprogramm
Unmittelbar nacheinander erlebte ich eben zwei Figuren beim Swatchen im TV.

1. Zunächst sprach der Jan Fedder auf dem Dritten das Leadout:
"In diesem Dorf wird zu viel gejammert und gesoffen. Dagegen ist ja nichts einzuwenden. Aber das Jammern muss aufhören."

2. Die Sendung war damit zu Ende. Ich drückte auf die Fernbedienung und sah Burow in den Tagesthemen:
"Dort, wo es um Leben und Tod geht, gibt es keine einfachen Antworten."

Hä? Wieso das denn nicht?

Nun ratet mal, wer mir lieber war ...

 
 
Unternehmerlyrik
So klingt's, wenn das überströmende Gefühl einem Wirtschaftsgewaltigen die Ketten ums Herz zersprengt:

"Das ist Konjunkturmusik
in unseren Ohren!
Das Nutzfahrzeug ist
die Zugmaschine
für Konjunktur und Wachstum
hier in Deutschland!"
.

Frohsinnsverbreiter Gottschalk - nein, doch nicht der! - rezitierte sein jüngstes Werk auf dem "Abend der Nutzfahrzeugpresse".
Kein Scherz: Dieses Schnittchen-Event für den hochspezialisierten Beruf des schreibenden Nutzfahrzeugexperten, das gibt's tatsächlich.


Brrrrmmm! Brrrrmmm! macht unsere Konjunktur

 
 
Kaum ist ein Politiker mal ehrlich ...
... und sagt, dass er vor der Wahl "morgens, abends und in der Nacht gelogen" hat, da ist es diesem Wahlpöbel auch wieder nicht recht und er zieht randalierend durch die Straßen. Allerdings muss man hinzufügen, dass dieser Pöbel auch vor der Wahl schon wusste, wie groß der Schwindel ist, ein Hauptgrund, weshalb die noch schwindelerregenderen Rechten nicht gewählt wurden: "Das seit vier Jahren stetig anwachsende Haushaltsdefizit und der Reformbedarf war allerdings in Ungarn kein Geheimnis, zumal alle Medien laufend darüber berichteten."

Und da wundert ihr euch, weshalb Politiker weiterhin nach Leibeskräften lügen werden!


Ungarn siegt bei Salamis
via Wikipedia

 
 
Dudelt mir jetzt etwa Muzak ...
... aus allen Blogs entgegen?

Bei ein paar Kandidaten möchte ich fast darauf wetten:
"SongSpots(TM) bietet einen schnellen und völlig legalen Weg, Online-Auftritten wie Blogs, sozialen Netzwerken, persönlichen Websites oder Online-Gemeinschaften kostenlos Musik hinzuzufügen."


Pflichtausrüstung an jedem Computerarbeitsplatz

 
 
Wie äußert sich eigentlich Rassismus?
Kurzgefasst: Rassismus ist in meinen Augen die fixe Vorstellung, dass positive oder negative Eigenschaften sich über das Blut oder die Gene fortpflanzen - dass dies also Eigenschaften einer «Rasse» sind.

Wenn dann eine "Muslim Blut GmbH i.G." eines Dr. Abd-Alzahara Jabar ausschließlich muslimische Blutspender für den arabischen Raum sucht, dann ist ihr Vorhaben eindeutig rassistisch. Denn das Vorhaben unterstützt die Vorstellung, dass «christliches» oder gar - horribile dictu! - «jüdisches Blut» die Venen eines rechtgläubigen Mekkapilgers «verschmutzen» könnte. Für diese Figuren käme das dann wohl einer rassistischen Befleckung der muslimischen Reinheit durch das Blut Ungläubiger gleich. Medizinisch jedenfalls ist es Jacke wie Humpe, ob ein Verletzter hinduistisches oder schamanisches Blut erhält. Hauptsache, die Blutgruppe stimmt.

Man könnte jetzt sagen, das wäre eben der Aberglaube dieser Leute da unten. Wie aber soll man es dann nennen, wenn deutsche Kliniken unter Beteiligung des DRK-Präsidiumsmitglieds Peter Heimer
an dieser Spökenkiekerei mitverdienen wollen, schließlich haben die Autobomber zwischen Euphrat und Tigris einen attraktiven Markt geschaffen? Weil es zweitens auch in Deutschland "ein ganz beachtliches muslimisches Spenderreservoir" (gibt), das "bis dato von keinem Blutspende-Unternehmen gezielt ,angezapft' wurde". Natürlich will das DRK nach Bekanntwerden der Pläne nur ganz unbestimmt daraufhin mal von der Seite angequatscht worden sein ... mehr war da gaaanz bestimmt nicht. Vor allem kein Aufruf zum Blutspenden für den Heiligen Krieg. Und wirklich floss bisher keinerlei Blut, sondern nur Geld an dubiose Projektberater ...


Es ist ein Kreuz mit dem Halbmond.

 
 
18
September
Und wenn wir nichts zu sagen haben ...
... dann basteln wir uns eben eine Sensation.

Es ist nämlich Montagmorgen: Das erste Red Bull wurde geköpft und die PR-Katjushas der Unternehmens-Presseabteilungen ballern aus allen Rohren:

"Xenomics kündigt Teilnahme an Mailänder Pharma Finance 2006 Conference an."

Donnerwetter! Wer hätte das gedacht? Ich gebe hiermit meine Teilnahme am heutigen 2. Bremer Webmontag bekannt.


"There are castles made of sand" (J. Hendrix) -
Hier ein PR-Hotshop mit seinen strategischen Instrumenten

 
 
Wahlmenu:
NPD: Weniger Stimmen als befürchtet. Niemand soll jetzt von "armen Verlierern" reden. Arbeitslosigkeit ist keine Entschuldigung für Schweinkram: Wer Nazi wählt, ist selber einer. Punkt.

SPD: Der Partei ist es erfolgreich gelungen, der Union in der Koalition den schwarzen Fleck in die Hand zu drücken (vgl. Robert L. Stevenson).

CDU: Merkeldämmerung. Der "unbeirrte Reformkurs" führt vor die Wand. In Schweden gewinnen die Konservativen mit einem sozialdemokratischen Programm. Union trinkt deshalb bald Rüttgers Club. Nebenbei: Es wurde ja auch auf Seiten des pechschwarzen Wirtschaftsflügels ein wenig viel gelogen: Steuererleichterungen, Reformen der Sozialsysteme, Lockerungen beim Kündigungsschutz - alles Mögliche sollte Arbeit schaffen. Was haben diese Neoliberalen hinterher eingelöst von ihren Versprechen? Weniger als nüscht - Bringschuld verfehlt. Jetzt dreht sich eben der Wind.


Der Wähler hat's angerichtet.

FDP: Siegt sich zu Tode. Nachdem ihr jetzt die Union ideologisch von der Leine geht, ist der Guido mit seinen Zahnwälten ganz allein zu Haus in seinem Neoliberallala.

Grün: Rotgrün ist wieder sexy. Claudia Roth noch immer nicht.

Linkspartei: In Berlin wirkt Oskar Lafontaine gewaltig, in MVP der Karsten Dörre. Mit erwartbarem Resultat.

WASG: Das trotzkistische Projekt war und ist eine Totgeburt. Selbst mit "Sexy Lucy" an der Spitze.

 
 
Das Wort zum Montag
Anton Pawlowitsch Tschechow, nach seinem Besuch auf der zaristischen Sträflingsinsel Sachalin, spricht über seine Auffassung vom vielumstrittenen "realistischen Standpunkt", der möglichst ideologiefern weder den Autor noch den Leidenden romantisieren darf:

"Ich schrieb lange daran und fühlte lange Zeit, daß ich nicht auf dem richtigen Weg bin, bis ich schließlich erfasste, worin das Unwahre lag. Es war, als wollte ich mit meinem 'Sachalin' jemanden belehren und als verberge ich zugleich etwas und hielte mich zurück. Aber sobald ich anfing darzustellen, als was für ein Sonderling ich mich auf Sachalin fühlte und was für Schweine es dort gibt, wurde mir leicht und die Arbeit ging von der Hand."


Anton Tschechow

Mit publizistischem Erfolg übrigens: Der Zar schickte eine Kommission nach Sachalin, und das Strafrecht wurde geändert. Ein tränenseliges Buch ohne die "Tschechow'sche Eiseskälte" hätte das wohl kaum erreicht.

 
 
17
September
Warum trifft es immer die CEOs ...
... die "auf eigenen Wunsch beurlaubt" wurden? Warum ermittelt gegen sie urplötzlich die Staatsanwaltschaft? Darf in unserem Land der Erfolgreiche noch nicht einmal mehr ein paar Tage ausspannen?

Mitsamt seinem holistischen Blickwinkel und trotz eines beeindruckend langen Titels muss jetzt der arme Aleksander Ruzicka, Chief Executive Officer der Media-Agentur Aegis Media Central Europe & South Africa vor den Kadi. Und mit diesem Sugar Daddy auch gleich seine ganze Posse. Die waren einfach zu "streetwise" geworden, nehme ich mal an.

Trotzdem: Die Justiz sollte sich zusammenreißen. Wohin geriete dies Land, wenn alle unsere Jungdynamiker hinter Gittern säßen? Wer ist denn geschädigt außer ein paar Kunden, die gierig genug waren, auf solche Würmchen anzubeißen? Auch Nullsatz-Produzenten haben schließlich ein Recht auf ein üppiges menschenwürdiges Leben: "Strategische Kommunikationsberatung braucht einen holistischen Blickwinkel, der die Wertschöpfungskette einzig und allein an ihrem Kommunikationserfolg im Härtetest der Marktrealität festmacht. Die Wertschöpfungskette strategischer Beratung und die Verantwortung der Agenturen endet beim Absatzerfolg der Marke." Und eben nicht vor Gericht. Schreiben Sie sich das mal hinter die Ohren, Herr Oberstaatsanwalt!

Nebenbei, Herr Rutschikato, es muss im letzten Satz "enden" heißen, nicht "endet". So, wie's dort steht, reden Sie verschärften Unsinn in frühvollendetem Werbe-Fuzzy-Deutsch.


Lag's am Ende an der vielen Cola?

 
 
Da würde ich nicht drauf wetten!
Wer dem Staat hinterrücks an die Monopole greift, der darf nun mal nicht auf Gnade hoffen, auch wenn die betreuende Tanja-Anja ganz tief in die rhetorische Trickkiste langt und jetzt sogar "alles erdenklich Mögliche unternehmen" will:

Wie soeben inoffiziell bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft beschlossen, die beiden Co-CEOs Manfred Bodner und Norbert Teufelberger bis zur für Dienstag in Paris angesetzten Anhörung weiterhin in Nizza in polizeilichem Gewahrsam zu behalten. (...) Nicht nur unternehmensintern wird alles erdenklich Mögliche unternommen, um den Co-CEOs möglichst rasch eine Ausreise aus Frankreich zu ermöglichen. (...) Erste Schritte, um diesen ungeheuren Akt rechtsstaatlicher Willkür, der einzig und allein der Sicherung des französischen Staatsmonopols dient und im Widerspruch zu geltendem europäischen Recht und europäischer Rechtssprechung steht, gerichtlich zu verfolgen, wurden bereits eingeleitet.

Nebenbei: "Bis zur für Dienstag in Paris angesetzten" - einen solchen attributiven Löwenrachen, den sperrt man nicht so weit auf. Sonst gähnt der Leser mit. Am Schluss beachte man den pr-typischen Dominoeffekt der nachpolternden Klammersatz-Verben: "steht, gerichtlich zu verfolgen, wurden bereits eingeleitet". Da löst sich bei Tanja-Anja dann alles: Passiv, Aktiv, Rektum, egal - nur raus damit!

By the way: Sie heißt gar nicht Tanja-Anja, sondern Karin Klein



 
 
Frankfurter Rundschau zeigt Leichenflecken
Auf dem Haupt von Günter Grass hat sich bereits Moos gebildet - seit exakt einem Monat steht zu seiner SS-Vergangenheit der bisher letzte Eintrag an der Spitze der grünweißen Haushaltsrolle. Das entspricht einer kleinen Ewigkeit im Tagesjournalismus.

Die schöne Leich zeigt längst keinen Pulsschlag mehr, keine Augenreflexe, keine Atmung ... der Journalismus ist am Bloggen wieder einmal gescheitert. Mangels Support von oben, nehme ich zugunsten der Macher einfach mal an.


So grün - und schon so welk.

 
 
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