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07
April
Vom Jonathan Littell ...
... habe ich jetzt glücklich die ersten 1.000 Seiten geschafft. In mancher Hinsicht sind die 'Wohlgesinnten' ein überfälliges Buch: Dass ein Völkermörder kein Monstrum sein muss, sondern ein intellektueller, kultivierter Mensch sein kann, der seine Bach-Kantaten genießt und inmitten von Leichenhaufen auch Shakespeare im Originaltext zu zitieren weiß, das musste mal ausgesprochen werden. Feinsinn und Genickschuss sind keine Gegensätze. Auch, dass jede Ideologie ganz rational wirkt, akzeptiert man ihre zwei oder drei bekloppten Grundprämissen erst einmal als Dogmen, ist bei näherer Überlegung einsichtig. Hier Destruktionsarbeit zu leisten ist wichtig, sonst würden wir immer wieder auf den gebenedeiten Popanz der Kulturideologie hereinfallen.

Dazu gibt es großartige Passagen über die Sprache des Dritten Reiches, nicht dämonisierend, sondern auf linguistisch-grammatischem Boden, auch Kershaw's These vom kantianisch vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem Führer wirkt im Romankonzept zutiefst funktional ('Handle stets so, dass dein Handeln so auch dem mutmaßlichen Führerwillen entspricht').



Dass aber Littell dann wieder den ganzen Freud'schen Schnickschnack vom Dachboden holen muss, um seine Figur letztlich 'zu erklären', statt sie einfach nur 'sein' zu lassen, das geht mir auf den Sack: Endlose Traumkaskaden, Inzest mit der Schwester, Mord an der Mutter, ein Apparat wie bei der seligen Courths-Mahler. Und letztlich - das große Feuilleton-Skandalon eines schwulen Protagonisten, das ist gar keins, sondern nur blanker Realismus: In allen Männerbünden, ob nun Wandervogel, George-Kreis oder SS, war die Homosexualität nun mal endemisch ...

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