letzte Kommentare / Das mit der "Querfront"... kristof / Ich hatte nach dem... chat atkins / Huhu, Herr Chat.... kristof


14
Juni
Das Dilemma der Öffentlichkeitsarbeit
Als die swb, der Bremer Energieversorger, noch kommunal war, da wurde in ihrem Beritt und im Umfeld der Universität ein energiepolitisches Institut geboren: das bremer energie institut unter der Leitung des renommierten Kernphysikers und Atomskeptikers Klaus Traube. Die Medien rannten dem Mann mit ihren Sachfragen damals die Hütte ein, von Bremen aus floss medialer 'Traubensaft' in alle Kanäle.


Habent sua fata institutionis ...

Dann sorgte die große Koalition - genauer die CDU - dafür, dass nicht nur die swb privatisiert wurde, sondern auch die Uni auf Linie kam. Im Zuge einer allgemeinen energiepolitischen Neubesinnung erhielt auch das bremer energie institut 'endlich' eine neue Leitung, um fortan die legitimen Privatinteressen der Energieversorgungswirtschaft nicht länger sträflich zu vernachlässigen. Aktuell geht es wissenschaftlich um brisante Themen wie die Wärmedämmung; das Bild bietet uns der Blick auf die Homepage vor allem. Dezent ausgedrückt: Heute stehen 'vernünftige Leute' an der Spitze einer einstmals renommierteren Einrichtung.

Zunächst brachte ein Wirtschaftswissenschaftler, den wissenschaftliche Publikationen führen als Prof. Pfaffenberger (Bremen) im Auftrag von VDEW, des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft also, das einstige Traube-Institut auf die Linie 'energiepolitischer Vernunft'. Zugleich - um das Bild abzurunden - ist dieser Herr Professor auch Vorsitzender der Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik (GEE), laut Eigenauskunft ein Interessenverband für Führungskräfte aus Energiewirtschaft und Energiepolitik, einer jener Orte also, wo Politik und Kraftwerk Händchen zu halten pflegen.

Als sein Nachfolger leitet seit dem Jahr 2006 das Institut der Wirtschaftswissenschaftler Gerd Brunekreeft von der privaten Jacobs University in Bremen. Wie - Sie haben den Namen Brunekreeft in energiepolitischen Zusammenhängen noch nie gehört? Nun - auf dem Gebiet Netznutzungsentgelte hat er durchaus einen Namen.

Man sollte denken, dies alles wäre ein Riesenerfolg für die Befriedung der öffentlichen Meinung - und ganz im Sinne der Kraftwerksbetreiber: Ebenso nervtötendes wie atomkraftkritisches Institut erfolgreich gezähmt und in den eigenen Stall überführt. Alles paletti folglich.

Das stimmt ja auch, so weit wie es die Machtverhältnisse und die Lufthoheit im wissenschaftlichen Diskurs betrifft. Nur will die Öffentlichkeit von dem Institut nun so rein gar nichts mehr wissen. Die Wissenschaftler dort kosten monatlich gutes Geld - aber es mangelt nicht nur in meinen Augen an Relevanz und an medialer Nachfrage. Ein Journalist, der zum Beispiel wissen wollte, wie klimafreundlich das neue Kohlekraftwerk wirklich ist, das die swb in Bremen derzeit plant, der wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn er sich dessenthalben ausgerechnet und nur auf das bremer energie institut verlassen wollte ...

Genau das ist in meinen Augen das ewige Dilemma der Public Relations: Je erfolgreicher sie im Sinne ihrer Auftraggeber arbeiten, desto irrelevanter werden sie für den Prozess der Meinungsbildung und für die Öffentlichkeit. Auch für Bremen als Wissenschaftsstandort war dieser Erfolg der Öffentlichkeitsarbeit - mit den Augen des Stadt-Marketings betrachtet - eine mittlere Katastrophe: Die Bremer besaßen mit dem Traube-Institut einen medialen Leuchtturm an ihrer Universität, heute haben sie einen Maulwurfshaufen, der aus wohlverstandenem Eigeninteresse möglichst leise klingeln muss.

kommentieren

blogoscoop