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18
Februar
Heuschreckenlogik:
In Hamburg gibt es das defizitäre Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) - und mittendrin im UKE die kleine Augenklinik, die überaus erfolgreich ist und tiefschwarze Zahlen schreibt. Das ist einerseits gut für die Stadt - aber andererseits ganz schlecht für 'Investoren', die vor lauter Geld längst nicht mehr wissen, woher sie im nächsten Jahr die gewohnten 20 Prozent Umsatzrendite nehmen sollen. Würden ihnen nicht mit Hilfe geneigter Kreise ab und zu neue Melkkühe zum Ausschlachten avisiert.

So klemmen sich auch in Hamburg 'Investoren' hinter den UKE-Vorstand. Zusammen malen sie alles schwarz in schwarz, so schwarz wie die Bilanzzahlen nämlich. Sie verkünden, vermutlich ja aus Daffke, die Zukunft der Augenklinik 'sei gefährdet', überall lauerten am Wegesrand schon die bösen Filialisten, so wie einst der Fielmann auf die arglosen anderen Optiker, die bekanntlich heute auch alle restlos ausgestorben sind. Ich sehe also - es geht um die Zukunft der Augenklinik als potenzielles Renditeobjekt im Portefeuille privater Investoren. Der honorige Geldadel, das schließe ich messerscharf, möchte unter Krokodilstränen aus dem allgemein eher defizitären UKE-Umfeld sich ein hochrentables Filetstück herausschnibbeln dürfen - und auch die Chefärzte und Geschäftsführer im UKE-Vorstand wollen mal wieder mit ein wenig erlöstem Spielgeld klimpern können.

Wie es dann in der Augenklinik wohl weitergehen würde, zeigt uns das Beispiel der anderen privatisierten Hamburger Kliniken, die mit Aplomp auf Grund gesetzt wurden: "Die Privatisierung ist vollständig mißlungen!". Was wiederum kein Wunder ist, denn der Schiffbruch ist nicht nur im Gesundheitsbereich jene Disziplin, die Privatisierern besonders gut liegt ...

Und jetzt - das melden die Buschtrommeln in Hamburger Redaktionen - soll der Ole von Beust die Investoren in Sachen Augenklinik auf einen Zeitpunkt nach der Wahl vertröstet haben.

Ach ja - gut eine Woche nach der Wahl, am 1. März, findet dann das hier statt: "Das UKE räumt ein, dass an der Veranstaltung "Vertreter privater Krankenhausbetreiber" teilnehmen werden.


*Aktionsgemeinschaft 'Investor muss Unwort des Jahres werden!'*

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Dieter Hildebrandt
sagte dazu:

Verluste werden sozialisiert,
Gewinne werden kapitalisiert.


Ich bin mal gespannt, wie lange es dauert, bis die Privatisierung dazu führt, daß die wirklichen Kostenfaktoren der öffentlichen Hand wie z. B. Kanäle, Wasserleitungen etc. derart marode sind, daß der Betreiber Konkurs anmeldet, nachdem er jahrelang die Erträge aus öffentlichen Investitionen abgeschöpft hat.

Auch wenn das Wort durch die Nazis zum Unwort wurde: manchmal wünsche ich mir den Begriff eines Volksschädlings mit entsprechender strafrechtlicher Relevanz.

Ich weiß wirklich nicht mehr, ob unsere Politiker so gierig, so gewissenlos und so korrupt sind, oder ob sie so dumm, kurzsichtig und planlos sind. Oder gibt es vielleicht noch eine andere Erklärung für diese Phänomene, die beinahe täglich zu beobachten sind?
 
Es ist einfacher.

Öffentlich: Erbringen einer Dienstleistung
Privat: Erbringen einer Dienstleistung plus X Prozent Gewinn

Jetzt kann sich jeder ausrechnen, was den Bürger teurer kommt ...
 
Aua!

Du lässt doch hier die Effizienz völlig außer acht. Nach Deiner Logik müsste noch heute alle Produktion verstaatlicht werden, weil ja dann alles um den Betrag des Gewinns billiger würde.

Ich stimme bis zu einem bestimmten Punkt mit Dir überein: für alle Leistungen der Daseinsvorsorge muss sehr gut abgewogen werden, welcher Teil privat erbracht werden kann und welcher Teil durch den öffentlichen Dienst erbracht werden soll. Aber was Du da oben bringst, ist wirklich kein Argument auf dieser Waage ;-)
 
'Effizienz' ist kein Wert, den die Privatwirtschaft gepachtet hätte. Deutsche Universitäten konnten bspw. lange Zeit den Standard in der Forschung weltweit definieren, obwohl sie staatlich waren. Ein privater Moloch wie Harvard ist allerdings inzwischen genauso gut, wo nicht besser. Das aber hat mit 'öffentlich' und 'privat' wenig zu tun - sondern mit den Maßstäben, die man dir setzt, und mit den Leuten, die du beschäftigst, und damit, dass im Falle Harvard eine Stiftung dich bei der Sinngebung deines Handelns bindet und nicht an die Kurzstreckler der Börse ausliefert.

Auch Genossenschaften - Raiffeisen etc. - funktionieren EU-weit höchst effektiv. Zwischen einer öffentlichen oder einer selbstverwalteten Institution und einer kameralistischen Behörde gibt es also noch einige Nuancen. Und spekulative Anlagekapital-Gesellschaften sind nicht die einzige Funktionsform des Kapitalismus. Das erscheint nur so, weil viel zu viel Kapital nach Rendite sucht.

Besonders der leidige Personalpunkt lässt die Privaten immer öfter abstinken: Weil sie völlig überzogenen Renditezielen hinterherjagen, vergraulen sie systematisch gute Leute und setzen dafür auf Billiglöhner, mit denen sie aber keine Qualität mehr liefern können. Und sie vernachlässigen notorisch alle Reinvestitionen. Siehe die englische Wasserversorgung, die deutschen Abfallbetriebe, die Berliner Zeitung, die privaten Krankenversicherungen, die Bahn, die Elektrizitätsversorgung - bei sinkender Qualität steigen auf breiter Front überall die Preise und die Renditeerwartungen paradoxerweise mit ihnen. Was den nächsten Entlassungsschub auslöst. Börsianer als Unternehmer schießen sich immer selbst ins Knie, sie können das nicht, weil ihre Optik systematisch verdreht ist.

Dass auch bei öffentlicher Versorgung einiges zu verbessern wäre, will ich ja gar nicht abstreiten: Abschaffung aller lebenslangen Anstellungsgarantien, auch des Beamtenstatus, vieler überflüssiger Gremien, die nur der Selbstverwaltung dienen, dazu eine Bezahlung nach Leistung - das alles sind Dinge, die auch öffentlich zu haben wären. Und zwar ohne dass auch noch gierige Anleger alljährlich oder quartalsweise ihre satte Rendite fordern ...
 
Um bei den Genossenschaften zu beginnen: sie gehören per se zur Privatwirtschaft. Und die »Tochterfirmen« der öffentlichen Hand gehören der Rechtsform nach zur Privatwirtschaft, aber der Eigentümer ist die öffentliche Hand. Was Du forderst, kann nach den bisherigen Vorstellungen von einem öffentlichen Dienst in Deutschland nicht umgesetzt werden.

Ich habe nie geschrieben, dass die Daseinsvorsorge an Anlagekapitalgesellschaften verkauft werden soll. Man kann sehr wohl Regeln aufstellen, auf welche Weise ein Investor den Betrieb führen muss. Dazu gehört auch die planmäßig vorbeugende Instandhaltung anstelle einer »ereignisorientierten« Instandhaltung. Wenn der Investor nach diesen Regeln nicht mitspielen will, dann wartet man eben auf einen anderen. Was oft übersehen wird: private Investoren können investieren, der chronisch verschuldete Staat kann es nicht.

Wenn eine Zeitung nicht mehr das liefert, was die Leser erwarten, dann steigen die Leser auf eine andere Zeitung um. Das ist Markt. Dann werden die Investoren schon sehen, was mit der Zeitung passiert. -- Dass die Preise für Energie und die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gestiegen sind, liegt großenteils an der deutschen Steuergesetzgebung seit 1998.

Dein Gegensatzpaar »fürsorglicher Staat« vs. »gierige Anleger« stimmt einfach nicht, weil Du zwei Dinge übersiehst: der Staat besteuert natürlich die Erträge der Anleger und die Anleger bringen ihr versteuertes Einkommen wieder in den Wirtschaftskreislauf ein.

Soll ich Dir mal meinen Bastiat für 14 Tage leihen? ;-)
 
Ach, wenn die Privatwirtschaft doch so funktionieren würde wie in der Theorie - oder auch nur der Rechtsform nach. Ich denke gerade an diesen Münchner Lampenladen, Siemens oder wie der heißt. Da soll jetzt der Steuerzahler - also ich - getarnt als 'Entwicklungshilfe' an Vietnam eine knappe Milliarde Euro für die Verkehrsinfrastruktur hinzuschießen, damit die bayerische Privatwirtschaft namens Siemens dort in Ho-Tschi-Minh-Stadt eine U-Bahn bauen kann, was am Ende des Geschäftsjahres dann alle Anleger höchlichst erfreut. So sieht's nämlich aus - und nicht wie in den Lehrbüchern der Ökonomisten. Und der Strom wird nicht durch Steuern teurer, sondern durch die Leipziger Strombörse, die sich wunderbar in ungeahnte Höhen manipulieren lässt. Wäre es anders, würde nämlich der Staat reicher, und nicht der Energieversorger. Schau dir diesbezüglich mal die Gewinnentwicklung der großen vier an ...

Was interessieren mich 'bisherige Vorstellungen'? Ich bin kein Traditionalist, der den 70er Jahren hinterhergreint ...
 
Wenn Du mir sagst, welcher Anteil davon in die Fänge der vietnamesischen Staatsbürokratie geraten wird, dann rechne ich Dir aus, welchen Anteil diese Entwicklungshilfe am Gesamtumsatz von SIEMENS hat ;-)

Was ich Dir empfehlen wollte, sind kurze Aufsätze Bastiats über volkswirtschaftliche Zusammenhänge und allgemein zum Denken über sichtbare Wirkungen hinaus. Aber wenn Du nicht willst ... ;-)

Bitte schau Dir einfach mal an, welchen Anteil der Staat kassiert, wenn Du Deinem Stromversorger die Rechnung überwiesen hast.
 
Seitdem Siemens die Bestechungsgelder nicht mehr direkt und höchstselbst zahlen darf, ist das natürlich ein Problem geworden ... ;-)

Mein Stromversorger zahlt einen gleichbleibend hohen Anteil an den Staat. Und zwar seit ungefähr zehn Jahren. Die aktuell steigenden Preise können damit also kaum zusammenhängen. So argumentieren sie dort in den Konzernzentralen ja auch nicht. Sie kommen immer mit ihrer Börse daher - und dass sie das deswegen dürften.
 
Soviel zum Strompreis, schlag doch einfach selbst nach ;-)
 
Ja - und nu?
 
Soll ich es Dir auch noch vorlesen? Selbstverständlich wurden innerhalb der letzten zehn Jahre die Steuern und Zwangsabgaben auf Energie erhöht und die einzelnen Komponenten des hohen Strompreises kannst Du Dir ja selbst ansehen.
 
Ja kiek - und ich bin eben einer von den Blöden, die sich noch immer über die Tagesschau zu informieren pflegen.
 
Und inwiefern widerlegt der Artikel in der »Tagesschau« meine Aussagen?

Du hast oben bei »Öffentlich« etwas vergessen: Erbringen einer Dienstleistung (plus 30 Prozent Bürokratiekosten, plus staatlicher Monopolaufschlag, plus Kostensteigerungen durch ineffiziente Arbeit) ... im Ergebnis landen wir wieder in der DDR ;-)
 
Muss doch nicht so sein: Körperschaften öffentlichen Rechts wie z.B. gesetzliche Krankenkassen haben Verwaltungsgemeinkosten von 4 bis 8 Prozent. Private Krankenkassen haben dagegen 11 bis 15 Prozent. Die sind nur deshalb konkurrenzfähig, weil sie 'schlechte Risiken' systematisch ausschalten dürfen (sie können sich die Rosinen rauspicken). Bei der 'Wasserköpfigkeit' hingegen führen sie haushoch vor den öffentlichen Einrichtungen.
 
Hast Du dazu Quellen und Berechnungsmodelle?

Ich vermute stark, dass diese Zahlen auf ganz unterschiedlichen Berechnungsmodellen beruhen, dass also die AOK einen völlig anderen Begriff von »Verwaltungskosten« als eine private Krankenversicherung hat.

»Ich vermute stark« ist bei mir die zurückhaltende Form von »Ich bin relativ sicher« ;-)
 
Nun ja - ich schreibe des öfteren für eine gesetzliche KK. Hier nur ein Zitat über die Parasitären: "Im Vergleich zu den Verwaltungskosten der Privaten Krankenversicherung (12,8 Prozent) sind die Verwaltungskosten der Gesetzlichen Krankenversicherung von durchschnittlich um die fünf Prozent gering. Dabei leisten die gesetzlichen Krankenkassen aktive Mitarbeit bei der Gestaltung der Versorgungs- und Vertragsstrukturen. Private Versicherer nutzen die so geschaffene Struktur zum Nulltarif." Das Problem ist wohl vor allem, dass die privaten Krankenkassen einen Außendienst finanzieren müssen, um interesssante Low-Risk-Gruppen (jung, gut verdienend, frisch verheiratet) zu keilen. Sie beziehen das natürlich nicht gern in ihre Modellrechnungen ein. So ein Außendienst, der selbstverständlich zur Verwaltung zu zählen ist, will aber natürlich Prämien fürs tägliche Schönfärben, sonst rennt er nicht. Das klingt bilanztechnisch in den Broschüren dann etwa so: "Die Kennzahlen besitzen eine betriebswirtschaftliche Aussagekraft, wenn die gleichzeitig gegebenen Hinweise zu ihrer Interpretation und Anwendung beachtet werden. Für den richtigen Umgang und das Verständnis von Kennzahlen sind folgende Faktoren zu berücksichtigen ... " Röhr, ralöhr ...
 
Chat, zu Anfang: ich bin sicher, dass Deine Auftraggeber gut geschriebene Texte von Dir bekommen. Aber wenn Du das Lied der gesetzlichen Krankenversicherungen so laut singst, nur weil Du ein wenig Brot von ihnen bekommst, dann darf ich Dich auch auf die falsch gesungenen Passagen hinweisen.

In dieser Diskussion geht es um Effizienz der Privaten und die Effizienz des öffentlichen Dienstes. Du addierst bei der PKV die Verwaltungs- und die Abschlusskosten. Das ist aber nicht sachgerecht, weil diese Kosten bei der GKV überhaupt nicht anfallen können. Die durchschnittlichen Verwaltungskosten der PKV sind immer wesentlich niedriger als die reinen Verwaltungskosten der GKV. Und nur an diesen Verwaltungskosten kann man die Effizienz der Arbeit messen.

Die GKV weist Verwaltungskosten von 5.05 Prozent und »sonstige Ausgaben« von 6.25 Prozent aus, ohne letztere näher zu beziffern. Nachdem Marketing und Werbung nirgendwo anders auftauchen, dürften sie in diesem Posten versteckt sein. Insgesamt findet man am Markt (nach den vorliegenden Zahlen) also auf jeden Fall eine PKV mit einem günstigeren Wert als 11.3 Prozent.

Einen aussagekräftigen Vergleich könnte man allerdings nur anstellen, wenn beide Kontrahenten mit dem selben Kennzahlensystem arbeiten würden. Vermutlich tragen beide nicht zu einer höheren Transparenz bei ...

Noch ein persönliches Wort: Ich akzeptiere notgedrungen das ungeschriebene Gesetz, dass die eigene Öffentlichkeitsarbeit immer gut ist, während der Gegner nichts als böse und feindselige Propaganda hervorbringt. Ich kenne »The Devil's Dictionary« gut genug ;-) -- Hier hört uns aber sowieso keiner zu. Wir könnten also eigentlich auf dieses Ritual verzichten.
 
Quatsch - wenn eine PKV von den Beiträgen ihrer Mitglieder eine Horde von Staubsaugervertretern bezahlen muss, um unter viel Gesabbel zu irgendwelchen Abschlüssen zu kommen, dann geht dieses Geld nun mal von den Beiträgen ab, es kommt damit NICHT den Mitgliedern zu gute. Ob du diese Summen nun Emolumente, Prämien oder Zukunftsinvestitionskosten nennen willst, damit sie nicht unter Klarnamen als Verwaltungskosten unter deinen versicherungszweckfremden Ausgaben auftauchen, das ändert nichts, aber auch gar nichts am Sachverhalt. Und auch die Gewinne, der Grund, weshalb die ganze PKV-Veranstaltung ja schließlich veranstaltet wird, die stammen allesamt aus den Beiträgen der Mitglieder. Dort, wo eine GKV übrigens gar keine Gewinne machen darf. Ist nun mal so.

Ein ganz anderes Thema wäre die Familienversicherung: Ob Mutti und die Kinderchen alle für Null Euro bei Pappa mitversichert sein müssen, das wäre eine echte Frage. Oder - wie in der PKV - ob für alle einzeln gelöhnt werden sollte.
 
Apropos - Marketing und Werbung sind nicht in den sonstigen Ausgaben versteckt. 'Sonstige Kosten' sind meines Wissens zumeist Kosten für Aufgaben, die der Gesetzgeber den gesetzlichen Krankenkassen verbindlich vorschreibt: Nachsorge, Schwangerschaftsberatung, Prävention usw., aus denen sich die Privaten fein heraushalten.
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