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19
September
Das mit den 'Piraten' ...
... das warten wir jetzt geduldig ab! Ich habe schon so viele Eintagsfliegen kommen und gehen sehen, von den Reps über die Ökologischen Demokraten bis hin zur Schill-Partei. Alles wird jetzt für unsere Likedeeler darauf ankommen, möglichst keine Fehler zu machen, ein höchst divergentes Supporter-Umfeld nicht zu verprellen, auch mal anderswo zu punkten - und zumindest einen Flächenstaat zu erobern. Dann könnte es auch was werden ...

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Für die Relevanz der Piraten spricht, dass sie Teil einer internationalen Bewegung sind, die in ganz Europa, in den USA und in Australien Fuß gefasst und bereits einen Abgeordneten ins Europäischen Parlament entsandt hat. Eine Spaßpartei ist sie also nicht. Und sie ist auch keine Protestpartei, die sich mit einem populistischen Dagegen positionieren würde – der Kern des Parteiprogramms betont die Chancen des gesellschaftlichen Wandels im digitalen Zeitalter und macht es den neoliberalen Kritikern nicht eben leicht. Solange es diese Fragen gibt, die von den etablierten politischen Kräften ignoriert werden, werden die Piraten auch nicht verschwinden.
 
Naja - ich würde es ihnen ja gönnen. Aber, nehmen wir mal an, unsere Euro-Idioten in CDU und FDP ("Wir zahlen nichts!") brechen jetzt so eine richtig schöne Rezession vom Zaun, mit Riesenarbeitslosigkeit, zusammenbrechenden Hausfinanzierungen und zahllosen Suppenküchen, die aus alle Nähten platzen - dann würde, denke ich jedenfalls, die Piratenpartei mit ihrem derzeitigen Themenspektrum sehr schnell randständig werden. Das Szenario ist noch nicht einmal unwahrscheinlich ...
 
Auch da würde ich dagegenhalten: sind die Piraten-Themen nicht viel zu systemorientiert und prinzipiell, um an Interesse zu verlieren. Natürlich muss man in einer sich verschärfenden Wirtschafts- und Währungssituation vor allem soziale Sicherung und wirtschaftliche Steuerung auf dem Plan haben, um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Nur werden weder Bürgerrechte, die unter dem Deckmäntelchen der Terrorbekämpfung beschnitten werden, noch Intransparenz und Lobbyismus, wie sie die neoliberalen Privatisierungsrückkäufe zu Lasten der öffentlichen Haushalte nicht zuletzt in Berlin begünstigt haben, in einer sozialen Schieflage zur Quantité négligeable. Der Bürger würde es spüren, wenn er, unversehens auf ALG-II-Leistungen angewiesen, plötzlich kein Postgeheimnis mehr hätte, da die Koalition nach wie vor an der elektronischen Übermittlung des Schriftverkehrs mit Arge und JobCenter strickt. Die Regierung würde es spüren, wenn sie die einmal ins öffentliche Bewusstsein gerückten Transparenzinstrumente ignoriert und ähnlich wie Oettinger und Mappus an den Wählern vorbei ihre Agenda durchsetzte. Projekte wie der Stuttgarter Bahnhof wären mit einer kontinuierlichen Kommunikation und Legitimierung wesentlich reibungsloser umzusetzen – die Schweiz zeigt ja, wie es geht. Und mit etwas Zynismus (der mir ja ansonsten völlig fremd wäre) könnte man auch sagen, wenn auf dem Fischmarkt, auf dem Stachus und auf dem Alex dasselbe abgeht wie auf dem Tahrir, werden es nicht die Piraten sein, die das Netz abklemmen wollen.
 
Naja - schauen wir mal: Bisher sind die Piraten mir noch zu sehr an studentische Milieus gekoppelt und auch zu sehr mono-sexuell, um flächendeckend den Durchbruch zu schaffen. Falls ich mich irre, fände ich es allerdings auch nicht schlimm ... es sind ja nicht die 'Freiheitlichen' und ähnlich populistische Dumpfbacken.

Apropos - das Gefährlichste für die neue Fraktion wird übrigens das Ewig-Menschliche sein, also der absehbar kommende Streit und die Profilierung untereinander.
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