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15
November
Wolf Biermann zum 70.
Der Mann hat stets recht gehabt - aus einem untrüglichen Grund: Ihm stand die Sprache immer zur Seite. Natürlich möchten ihm heute, zum 70. Geburtstag, kleine Lichter wie Benno Schirrmeister ans längst errichtete Denkmal rotzen - in diesem Auswurf aber geht nur Schirrmeister unter: "Das alles ist so lange her". Jaja, warum sollten wir über diese ollen Kamellen bloß noch reden? So jedenfalls hätte es unser kleiner Spucki gern, der stattdessen vor dem DKP-Barden Degenhardt dienert. Wie üblich erfahre ich aus solchen Texten viel über den Schreiber und viel über die Hassliebe der Linken zu dieser mächtigen, frei rollenden Kanone auf dem schlingernden Schiff sozialistischer Utopien - aber nur wenig über Biermann.


"Komm lass dich nicht verbiegen in dieser krummen Zeit ..."
Bild: wikipedia.org


Biermanns Ausweisung war zunächst einmal jener Fehler, der den Untergang der DDR einleitete. Denn die DDR hatte sich als "Republik der Schriftsteller" konstituiert, im Gegensatz zur "Republik der Koofmichs" im Westen. Aus Literaten wurden nur hier Minister, fast alle wesentlichen Konflikte in diesem Staat von Moskaus Gnaden waren Richtungsfragen der Kultur. Mit der Ausweisung Biermanns schmissen Honecker und Co. den eigenen Gründungsmythos über Bord. Seither war die DDR ohne Legitimation.

Auch im Westen nahm Biermann dann den Platz zwischen allen Stühlen ein, der ihm genehm ist. Auf gewerkschaftliche Vereinnahmungsversuche ließ er sich gar nicht erst ein. Er hat auch hier viel bewegt. Die Frage nach "gerechten Kriegen" hat seit seinem Engagement im ersten Golfkrieg "die Linke" - sagen wir's höflich - in "viele Linke" gespalten. Reichlich frische Luft fegte den Dogmatismus aus allen Denkerstübchen, einige Leichtgewichte wurden gleich mit fortgerissen.

Mich riss Biermann dagegen immer nur hin - selbst dort, wo ich ihn "neben der Spur" fand. Aber was hatte ich schon zu sagen, wo die Sprache ihm doch recht gab: Diese gewaltige und manchmal auch gewalttätige Rhetorik, die vor barocken Antiquismen nicht zurückschreckte. Tote Wörter blühten wieder, verloren geglaubte Kategorien erstrahlten im Glanz neuer Selbstverständlichkeit, kleine Pinscher verröchelten im eigenen Wortmist und mit einem Winseln. Selbst wenn gepflegte altlinke Blütenwiesen nach Biermanns Auftritten aussahen, als hätte ein Rhinoceros auf ihnen Hochzeit gefeiert, der Mann aus der Chausseestraße 131 hat auch für die Linke gesellschaftlich viel geleistet. Ein "Held der Arbeit". Nicht nur für die DDR, sondern auch und vor allem hier im Westen.

Alles Gute, Wolf Biermann! Und nimm die kleinen Kläffer nicht so ernst, die sich daran aufgeilen, dass du auch bei Springer schreiben darfst, was du willst. Als großer Nummer steht dir das nämlich zu ...

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