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15
November
Public Relations auf Hausmacherart
Auf der Flucht vor dem Konkreten. Ein Schulbeispiel dafür, wie Krisen-PR eben nicht funktionieren, liefert derzeit die Geschäftsführung von StudiVZ:

"Was in unseren WGs als belächeltes Wagnis begann, hat sich in kurzer Zeit zu einem internationalen Unternehmen mit rund 50 Mitarbeitern und über 1 Mio. Mitgliedern entwickelt. Zugleich habe ich zweifelsohne viel Mist gebaut." Ah, ja, welchen?

"Einige Aktionen und Verhaltensweisen von mir waren nicht in Ordnung und falsch." Ah, ja, welche?

"Dafür stehe ich ein und übernehme die volle Verantwortung." Soso, welche?

"Dafür und für die daraus entstandenen Missverständnisse möchte ich mich aufrichtig entschuldigen." Ach so, mehr nicht!


Les lettres disparues

"Weiterhin war der Umgang mit manchen Bloggern, Partnern, dem Journalisten Peter Turi und einigen Videos völlig unangemessen und unprofessionell." Fragen Sie mich jetzt aber nicht, wie ich jemals auf den Posten gelangt bin!

"Auch in dieser Sache möchte ich mich für die entstanden Irritationen ehrlich entschuldigen." Ich sage leise sorry ...

"Die letzten Wochen waren für mich von einem Hagel an Kritiken geprägt, wie es kritische Blogger treffend beschrieben haben." Armes Hascherl!

"Daraus konnte ich viel lernen und ziehe die Konsequenzen." Tritt er etwa zurück?

"Im Interesse von studiVZ und den 50 Arbeitsplätzen versuche ich in Zukunft den Ansprüchen an meine Position besser gerecht zu werden." Oha, Personalabteilungs-Deutsch.

"Des Weiteren werde ich mich und meine private Person vom studiVZ Blog deutlich trennen." Mich und meine private Person? Vorstellungskraft, hilf!

"Schließlich wird das studiVZ Team den gestiegenen Informationsbedürfnissen stärker Rechnung tragen und sensible Aspekte wie die Finanzierung von studiVZ und unsere strengen Datenschutz-Vorkehrungen in professioneller und proaktiver Weise kommunizieren." Oha, tiefer Sturz in die Kiste mit den PR-Floskeln.

"In letzter Zeit waren leider durch kommunikative Versäumnisse unnötige Spekulationen und unwahre Gerüchte entstanden." Wie konnte das nur passieren?!

"Datenschutz ist bei studiVZ das Thema, das die höchste Priorität und Aufmerksamkeit genießt: Es wurden und werden keinerlei Nutzerdaten aus dem studiVZ je an Dritte (Firmen, Investoren etc.) aus dem studiVZ weitergeleitet oder zugänglich gemacht." Behaupten ist immer gut! Widerlegen wäre auch mal was ...

"In den kommenden Tagen werden wir sukzessive auf die Informationsbedürfnisse und offenen Fragen, aber auch falschen Behauptungen reagieren." Sukzessive heißt so viel wie ganz sutje piano ...

 
 
1.000.000 deutscher Studenten ...
... finden nichts dabei, wenn ihr Netzwerk-Chef Ehssan Dariani für sich und seine erfolgreiche Arbeit als Klo-Filmer mit der Homepage des "Völkischen Beobachter" wirbt? Ganz schön tief gesunken, diese Million. Zu tief, um später erfolgreich auf Führungspositionen zu krabbeln, finde ich ...

 
 
Wolf Biermann zum 70.
Der Mann hat stets recht gehabt - aus einem untrüglichen Grund: Ihm stand die Sprache immer zur Seite. Natürlich möchten ihm heute, zum 70. Geburtstag, kleine Lichter wie Benno Schirrmeister ans längst errichtete Denkmal rotzen - in diesem Auswurf aber geht nur Schirrmeister unter: "Das alles ist so lange her". Jaja, warum sollten wir über diese ollen Kamellen bloß noch reden? So jedenfalls hätte es unser kleiner Spucki gern, der stattdessen vor dem DKP-Barden Degenhardt dienert. Wie üblich erfahre ich aus solchen Texten viel über den Schreiber und viel über die Hassliebe der Linken zu dieser mächtigen, frei rollenden Kanone auf dem schlingernden Schiff sozialistischer Utopien - aber nur wenig über Biermann.


"Komm lass dich nicht verbiegen in dieser krummen Zeit ..."
Bild: wikipedia.org


Biermanns Ausweisung war zunächst einmal jener Fehler, der den Untergang der DDR einleitete. Denn die DDR hatte sich als "Republik der Schriftsteller" konstituiert, im Gegensatz zur "Republik der Koofmichs" im Westen. Aus Literaten wurden nur hier Minister, fast alle wesentlichen Konflikte in diesem Staat von Moskaus Gnaden waren Richtungsfragen der Kultur. Mit der Ausweisung Biermanns schmissen Honecker und Co. den eigenen Gründungsmythos über Bord. Seither war die DDR ohne Legitimation.

Auch im Westen nahm Biermann dann den Platz zwischen allen Stühlen ein, der ihm genehm ist. Auf gewerkschaftliche Vereinnahmungsversuche ließ er sich gar nicht erst ein. Er hat auch hier viel bewegt. Die Frage nach "gerechten Kriegen" hat seit seinem Engagement im ersten Golfkrieg "die Linke" - sagen wir's höflich - in "viele Linke" gespalten. Reichlich frische Luft fegte den Dogmatismus aus allen Denkerstübchen, einige Leichtgewichte wurden gleich mit fortgerissen.

Mich riss Biermann dagegen immer nur hin - selbst dort, wo ich ihn "neben der Spur" fand. Aber was hatte ich schon zu sagen, wo die Sprache ihm doch recht gab: Diese gewaltige und manchmal auch gewalttätige Rhetorik, die vor barocken Antiquismen nicht zurückschreckte. Tote Wörter blühten wieder, verloren geglaubte Kategorien erstrahlten im Glanz neuer Selbstverständlichkeit, kleine Pinscher verröchelten im eigenen Wortmist und mit einem Winseln. Selbst wenn gepflegte altlinke Blütenwiesen nach Biermanns Auftritten aussahen, als hätte ein Rhinoceros auf ihnen Hochzeit gefeiert, der Mann aus der Chausseestraße 131 hat auch für die Linke gesellschaftlich viel geleistet. Ein "Held der Arbeit". Nicht nur für die DDR, sondern auch und vor allem hier im Westen.

Alles Gute, Wolf Biermann! Und nimm die kleinen Kläffer nicht so ernst, die sich daran aufgeilen, dass du auch bei Springer schreiben darfst, was du willst. Als großer Nummer steht dir das nämlich zu ...

 
 
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