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09
August
Vom Nutzen der Recherche
Gestern kam ein Freund zu Besuch. Der will einen Kriminalroman schreiben, der unbedingt in Herne spielen soll. Da kommt er nämlich her. Deswegen will er nochmals dorthin, um in der Landschaft seiner Jugend zu recherchieren. Ich habe ihn gefragt, ob das denn nötig sei? Okay, wenn man über Faktisches schreibe, wie meinethalben Fontane über die Mark Brandenburg, dann sei Recherche sicherlich unverzichtbar, dann müsse jeder Stein auch dort zu finden sein, wo ihn der Schreiber hinlegt. Aber bei einem Roman?

Als Beispiel führte ich Stendhal ins Feld. Für "Rot und Schwarz" genügt dem ein kurzer Zeitungsauschnitt, um die großartige Geschichte um Julien Sorel aus dem Boden zu stampfen. Und den Inhalt dieses Zeitungsauschnittes hat er auch noch "verfälscht", damit die Geschichte "richtiger" wird. Resultat: Weltliteratur - lebendig wie am ersten Tag. Stendhal sagt ferner, er gäbe sich niemals in seinen Büchern mit der Beschreibung des Äußeren seiner Personen ab, das überließe er komplett der Phantasie seiner Leser.

Jetzt will mein Freund nicht mehr nach Herne fahren, sondern aus seiner durch und durch verlogenen Erinnerung schöpfen. Die dortige Tourismus-Zentrale möge mir bitte verzeihen ...


So schön ist nur Herne

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