letzte Kommentare / Das mit der "Querfront"... kristof / Ich hatte nach dem... chat atkins / Huhu, Herr Chat.... kristof


16
August
Irgendwie kann ich ihn verstehen
Da ist der Besitzer eines ehemaligen Drei-Sterne-Hotels in Delmenhorst. Dem knallt die Stadt erst zwei Veranstaltungszentren rechts und links neben die Hütte. Seine Beschwerden werden konsequent ignoriert. Dann kommt auf den Platz vor der Anlage auch noch das Volksfest hin. Kein Wunder, dass die Gäste bei dem allnächtlichen Lärm ausbleiben. Die Anlage verfällt, ebenso die Kommunikationskultur.


Jetzt zocken alle zusammen

In seiner Not - jährlich sind 120.000 Euro für Zinsen fällig - tütet der Besitzer einen Deal mit Nazi-Rieger ein. Die NPD will angeblich mitten in diesem großen Disco- und Volksfest-Ballyhoo in diesem stillen Lernumfeld ein Schulungszentrum errichten. Ich persönlich wette darauf, dass sie das nicht wirklich will. Das soll wohl nur die Preise treiben - auf 3,4 Mio. Euro nämlich.

Die Bevölkerung reagiert wie gewünscht - und sammelt fleißig Geld für die Anlage, in die jetzt plötzlich ein Altersheim rein soll. Das, finde ich, ist mal eine wirklich gute Idee, denn die alten Leute hören den Krach ja auch nicht mehr so gut.

Die Stadt wird die Differenz zwischen Kaufpreis und Spendensumme zahlen. Deswegen kreuzt jetzt mehrmals täglich der Kämmerer - oder ein Abgesandter - beim Besitzer auf, um den Preis für dessen "Schrott-Immobilie" herunterzuhandeln, allenfalls 1,5 Millionen Euro wolle man bezahlen. Dem Besitzer platzt daraufhin der Kragen - und er kündigt an, dem Nazi-Rieger und seiner Stiftung die Immobilie samt Schulden zu schenken. Nach dem, was man so hört, wäre eine Schenkung (samt aller Schulden) mit einem Verkauf finanziell in etwa gleichzusetzen. Ein Nullsummenspiel also - nur die Stadt mit ihrem Vorkaufsrecht stünde außen vor. Nachtrag: Nach dem, was man hört, liegt die Gesamtsumme der restlichen "Verbindlichkeiten" bei etwa 2 Mio. Euro. Das wäre dann also die Mindestkaufsumme, um anschließend schuldenfrei zu sein.

Wie gesagt, ich finde das Verhalten des Besitzers nicht akzeptabel, wie es aber durch eine gnadenlose Behördenarroganz dazu kam, das ist schon verständlich.

Inzwischen läuft mitten im Kommunalwahlkampf die nächste Runde im niedersächsischen Zockerparadies zu Delmenhorst: Die Stadt änderte den Bebauungsplan. Wenn die NPD dort einziehen sollte, ist das Gelände ein Sanierungsgebiet: Dann geht's mit Recht erst recht weiter gegen rechts ... dann kann die NPD mal sehen, was den Vorbesitzer so mürbe gemacht hat, dass der sich in einem Anfall von Überdruss mit ihr einließ.

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Delmenhorst???
Wer will da schon übernachten...
Spass beiseite, wer zur Zeit Immobilien verkaufen muss, hat wirklich nichts zu lachen. Die Preise sind im Keller. Die Erbengeneration muss wegen der immer längerlebigen Alten selber erstmal 50-60 werden, bevor man Oma ihr klein Häuschen erbt - und hat folglich selbst längst gebaut und versucht nun das Erbe zu verscherbeln.

Man spricht es nur hinter vorgehaltener Hand aus: Die interessanteste Käufergruppe bei Einfamilienhäusern in Vorstadtsiedlungen sind die Türken. In manchen Städten sind schon ganze Strassenzüge in türkischem Besitz. Ich kenne Senioren, die sich in ihrer neuen Nachbarschaft immer unwohler fühlen.

Bitte mich recht zu verstehen, ich beklage das nicht. Der Markt hat immer recht. Aber: In der Vergangenheit waren fallende Immobilienpreise immer das Zeichen für ein baldiges Ende einer Rezession - was, wenn wegen der nachhaltigen Überalterung unserer Gesellschaft eine Abwärtsspirale ohne Ende entsteht?

Der 64-jährige Hotelier in Delmenhorst taugt als trauriges, mahnendes Beispiel für viele alte Menschen. Er kann froh sein, wenn er sein Lebenswerk verschenken kann, ohne sich zu ruinieren.
 
Mir ist es so lieber. Wir können dabei noch froh sein, dass wir keine überhitzte Spekulationsblase wie bspw. in Großbritannien haben, wo ein Wohnklo mit Kochnische gleich Millionen kostet.

Wenn ein Land Bevölkerung verliert (nur Baden-W. wächst noch), wenn die Realeinkommen sinken, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze auch (und nur dafür gibt's noch Kredit von der Bank) - dann darf niemand erwarten, dass der Immobilienmarkt boomt. Dem Delmenhorster Hotelier aber hat die Stadt fast schon systematisch jede Zukunft für sein Objekt kaputtgeplant. Drei-Sterne-Hotel und Russendisco sind nun mal Gegensätze.

Ich lebe übrigens in einer solchen Einfamilienhaussiedlung. Unsere Türken und Perser, die hier leben, sind einfach nur Nachbarn. Mehr Sorge machen uns pietismusnahe erweckte Christen, deren Eltern einst aus Russland zuwanderten, und die jetzt jede freiwerdende Immobilie für ihre Brüder und Schwestern aufzukaufen suchen. Da bildet sich eine ganz seltsame "Community", die niemanden außer sich kennt ...
 
Mein Gott, ist dieses Hick Hack kompliziert. - Aber gut recherchiert! :o )
 
Ein leicht querulatorisch veranlagter Selfmade-Man und eine aufs Hoheitliche retirierende Stadtverwaltung, die ihm, wo es nur geht, ihre planungsrechtlichen Knüppel zwischen die Beine schmeißt - schon sind alle Zutaten zusammen, die den Nazis in Delmenhorst Tür und Tor öffnen. Schuld haben beide. Im Kommunalwahlkampf dürfte der NPD das aber wenig helfen, da gibt's nach diesem Bürgeraufstand dort einfach nur was auf die Glocke den Skinhead ...
 
Danke für die Hintergrundinformationen wie es dazu überhaupt kommen konnte.
Im SpOn stand etwas von Pleiteobjekt. Das stimmt dann ja wohl nicht so ganz.
Tja, SpOn halt…
 
Es kam wohl einiges zusammen - allgemein Rückgänge bei der Auslastung seines Hotels, vielleicht auch geschäftliche Fehler, dazu ist Delmenhorst ja nicht gerade Tagungshochburg und hat außer Sarah Connors sonst auch nicht viel zu bieten. Und dazu eine Stadtverwaltung, die ihm im Zuge des Stadt-Marketings alle möglichen ruhestörenden Events vor die Schlafzimmerfenster knolzte und ihm Parkplätze wegknapste. Vor einem Jahr kam's dann zur Insolvenz. Seither rottet das formschöne Objekt so vor sich hin. Die Zinsforderungen aber laufen wohl auf ihn weiter. Denn der Mann selbst ist nicht pleite, nur der Hotelbetrieb erlitt den vermeidbaren Exitus.

Einen wirklichen Fehler in meiner Darstellung will ich hier aber noch korrigieren: Die Stadt hat ERST das Gelände in einem Eilbeschluss als Sanierungsgebiet ausgewiesen, um so zu einem Vorkaufsrecht zu kommen. DARAUFHIN ist der Besitzer ausgerastet und er ist mit seinem Schenkungsangebot für Riegers Arier-Gestüt an die Öffentlichkeit gegangen. Ein reizbarer Herr, dem Delmenhorst herzlich egal ist. Obwohl er gleich um die Ecke wohnt. Seither brüten jedenfalls die Juristen...

Nebenbei: Ich bin im Prinzip ja dafür, dass die NPD diesen 100-Betten-Gammel aufkauft. Wenn sie unbedingt einen Mondpreis von 3,4 Mio. Euro ausgeben will. Riegers Geld ist dann endlich weg, denn man kann nicht in jeder Gemeinde, wo es Leerstände gibt, solche Notaufkäufe inszenieren. Außerdem wohnen doch in Delmenhorst genug Türken und türkischstämmige Deutsche, um jede Nazi-Veranstaltung - sagen wir mal - in einen Märtyrertag der rechten Szene zu verwandeln. Und Bremen mit seiner Antifa-Szene liegt auch gleich nebenan. Delmenhorst ist schließlich nicht Eberswalde - und dazu gäbe es ein endloses administratives Sperrfeuer von der Stadtverwaltung wie schon in Dörverden.
 
Nun ja, 'irgendwie' verstehen kann man die Reaktion wohl schon, aber gleich den Unsäglichen schenken?

BTW: 'Märtyrertag der rechten Szene' - darf man das zitieren?
 
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