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26
Juli
Austern?
Keiner kann mir erzählen, dass er Austern mit Genuss äße. Dieses Wabbelzeug ist höchstens in viel Chablis ertränkt zu ertragen. Für den 'Ruf' des Schalentiers als Luxusnahrung sorgten andere Gründe, die weit zurückliegen.
Im XV. Jahrhundert verbreitete sich in Frankreich - vielleicht ausgehend von der PR-Abteilung der Vereinigten Austernfischer der Bretagne - die Mär, dass Austern die intellektuellen Fähigkeiten ins Ungemessene steigern könnten. Ludwig XI. ordnete daher 1461 an, dass alle Granden seines Frankenreiches täglich ein gewisses Quantum an Austern essen müssten. Was natürlich parallel den Weinverbrauch förderte, um das Ekelgefühl zu betäuben. Damals jedenfalls wurde die Auster zum 'produit royal', zum Lebensmittel der Könige und der höfischen Gesellschaft. Im Rokoko dann, eine Zeit, die den Geist bekanntlich weniger schätzte als der Humanismus zuvor, verschob sich der Fokus. Die Kavaliere stellten andere Qualitäten in den Vordergrund: Die Auster galt als überaus wirksames Potenzmittel. Das analoge Denken mag dazu beigetragen haben, welches - ausgehend von der Quacksalberei der Harnbeschauer - damals noch die Medizin beherrschte. Zwischen dem Inhalt einer Auster und einem kalten Bauern bestünde optisch und geschmacklich kein großer Unterschied, also würde das eine schon auf das andere wirken. Auf Grund des historisch gewachsenen Märchens von der kulinarischen Raffinesse der Auster sehen wir heute auf jedem besseren Zahnarztball den postmodernen Kavalier zur Tat schreiten. Er lässt sich am Stand des dienstfertigen Geistes mit der Zange und dem Schifferhemd sieben - warum eigentlich immer sieben? - Austern öffnen, wovon er dann stets vier und sie nur drei abbekommt. Wenn ihr diese Szene irgendwo beobachten könnt, dann achtet beim Schlürfen doch einfach mal auf die Gesichter - und wie schnell sie hinterher ins Schwarzbrot beißen und den Weißwein stürzen ... Bilder: wikipedia.org
Bekenne mich
Aber man sollte bei Austern immer auch an Charles Dickens denken. Bei den Pickwickern stets glaube ich, wo er sagt ""Austern und Armut scheinen immer Hand in Hand zu gehen". So ändern sich die Dinge. Klingt nach guter PR-Arbeit.
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